Ohne Moos nix los

Anfang dieser Woche fand der diesjährige Zukunftskongress Logistik in Dortmund statt. Der Termin ist seit nunmehr 40 Jahren fester Bestandteil im Terminkalender jedes zukunftsorientierten Logistikers und jeder zukunftskompetenten Logistikerin. Am ersten Tag des Kongresses wurde unter anderem eine Session angeboten mit dem vielversprechenden Titel „Ohne Moos nix los“. Worum ging es?

Es ging zunächst – ganz dem Motto des diesjährigen Kongresses folgend – um den „Aufbruch ins ‚Silicon Economy Continuum‘ – Die Zukunft der Logistik ist digital, offen und nachhaltig.“ Man könnte sagen: Das Thema unserer Zeit. Wer die einschlägigen Medien verfolgt, der kommt am Begriff „Metaverse“ nicht vorbei. Damit meine ich nicht nur die sozialen Medien; inzwischen nutzen sogar Medien wie die Times den Begriff. Was ist das?

Es ist der nächste Entwicklungsschritt des Internets. Kurz gesagt geht es beim Metaverse um die Virtualisierung von allen möglichen analogen Realitäten. In der Silicon Economy, die wir hier am Wissenschaftsstandort in Dortmund seit vielen Jahren vorantreiben, haben wir uns schon früh auf die Fahnen geschrieben, eine möglichst umfassende Virtualisierung von Wertschöpfungsprozessen zu realisieren. Anders ausgedrückt: Mit der Silicon Economy legen wir die Grundlagen im B2B-Bereich für Industrieunternehmen, die von dieser Basis aus auch ins Metaverse starten möchten. Ergo: Alle Welt redet vom Metaverse, wir haben bereits angefangen, an dessen Voraussetzungen in Logistik und Supply Chain Management zu arbeiten. Wir nennen das bloß nicht so.

Wir haben uns von Anfang an bewusst dagegen entschieden, diesen inflationär genutzten Modebegriff zu verwenden. Wir nennen es stattdessen das Silicon Economy Continuum. Auch weil sich das übersichtlich gliedern und handhaben lässt. Denn dieses Continuum besteht im Grunde aus zwei Continuen. Zum einen aus dem Robotic Continuum, zu dem mein geschätzter Kollege Prof. Dr. Dr. h. c. Michael ten Hompel eine Menge zu erzählen weiß. Die zweite Säule des Continuums ist das Supply Chain Continuum, über das ich Ihnen nachfolgend berichten möchte. Was es dabei zu sagen gibt?

Das, was treue Leserinnen und Leser dieses Blogs an dieser Stelle schon häufig von mir zu lesen bekommen haben: Es geht bei der Realisierung eines zukunftsfesten Supply Chain Managements, egal wie man es nun nennen mag, im Endeffekt immer um die möglichst nahtlose, hoch effiziente und schnelle Verbindung von Material-, Informations- und Finanzflüssen.

Das ist keine Utopie. Denn inzwischen haben wir mehr oder weniger sämtliche Technologien in Händen, die wir brauchen, um die Verbindung dieser drei Flüsse digital optimal zu gestalten; die Blockchain-Technologie spielt hierbei eine Schlüsselrolle. Die drei Flüsse verbinden sich unter Einsatz einer Blockchain optimal, so dass wir automatisiert und künftig auch autonomisiert auf Basis des Informationsflusses alle relevanten Material- und Finanzprozesse abbilden, analysieren, steuern und managen können.

Wir koppeln dazu im Prinzip die entlang von Supply Chains ablaufenden Transformationsprozesse mit Smart Contracts. Wenn ich also zum Beispiel etwas von A nach B transportiere, kann ich mit einem Smart Contract, der über die Blockchain läuft, die relevanten Vertragsbestandteile dokumentieren. Diese werden dann – automatisiert – beim Empfang der Ware überprüft und wenn alles passt, werden die Rechnung und die Bezahlung ebenfalls automatisch gestellt und ausgelöst – quasi in Echtzeit. Eine Utopie?

Für den realen Zustand der Logistik ist es das in großen Teilen leider noch immer. Da wird oft noch mit Papierdokumenten hantiert, die auf dem Rückweg vom LKW-Fahrer mitgenommen werden und oft erst nach einer Woche ins System eingegeben werden: Material-, Informations- und Finanzfluss sind weit entfernt voneinander, Tage weit voneinander getrennt. Im Supply Chain Continuum ist alles eng miteinander verbunden. Blitzschnell. Elektronenschnell. In Echtzeit. So haben wir uns das immer vorgestellt.

Damit sind die Voraussetzungen für ein neues Internet und dessen Einsatz im B2B-Bereich geschaffen, zu dem dann auch ein Industrial Metaverse gehören kann. Der Begriff ist nicht ausschlaggebend. Ausschlaggebend ist vielmehr die Würdigung der Blockchain und des Finanzflusses. Denn auch in dieser schönen neuen virtuellen Welt geht es letztendlich ums Geld. Auch im Silicon Economy Continuum ist „Ohne Moos nix los“. Daher der Titel der oben genannten Veranstaltung auf dem Zukunftskongress Logistik. Es geht ums liebe Geld, für das ich eine Blockchain brauche, wenn das Geld so sicher und so schnell wie möglich fließen soll. In der virtuellen Welt kann ich auch nicht mehr mit Bargeld bezahlen. Und hier kommen dann u.a. auch Krypto-Assets ins Spiel.

Ich weiß, dass viele Menschen diese, landläufig als Kryptowährungen bezeichneten Assets kritisch sehen. Aber müssen wir sie deshalb zukünftig für den B2B-Bereich komplett ignorieren? Dann müsste man auch sagen: Leute, zahlt nicht mehr mit Banknoten – denn es gibt auch Blüten! Und verbrennt eure Karten, denn es gibt auch Kartenbetrüger! Das würde kein Mensch machen.

Wir werden für eine effiziente, schnelle und auch nachhaltige Zukunft („Papier vergeudet Bäume“) diesen virtualisierten Dreiklang aus Material-, Informations- und Finanzflüssen brauchen, damit Supply Chain Management so schnell, effizient und nachhaltig wird, wie es eben sein kann. Denn auch in der fernsten Zukunft wird es Leistung für Gegenleistung geben. Und keiner, der Ersteres leistet, wird auf Zweiteres länger verzichten wollen, bloß weil der LKW-Fahrer noch mit den nötigen Papieren unterwegs ist. Wir werden das Rad nicht in eine vorsintflutliche Tauschwirtschaft zurückdrehen wollen. Denn das Rad dreht sich immer weiter.

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