Die treibende Kraft der Transformation

Die Krisen unserer Zeit werden spätestens seit Corona, der hohen Inflation und der Ukraine-Invasion mit dem Akronym BANI umschrieben. Diese Abkürzung bezeichnet eine Gegenwart und eine Zukunft, die „Brittle, Anxious, Non-Linear und Incomprehensible“ sind; Brüchig, Ängstlich, Nicht-Linear und Unverständlich. BANI ist sozusagen das neue VUCA.

BANI bringt für die Wirtschaft viele neue oder verschärfte Herausforderungen mit sich: stark steigende Preise, extrem schwankende Bedarfe und Lieferzeiten, verknappte Energie- und Rohstoffverfügbarkeit, gestörte Absatzmärkte, disruptierte Lieferketten und dazu eine Vielzahl von Handlungsalternativen und Bewertungskriterien, die eine Entscheidungsfindung nicht gerade leichter machen, um es vorsichtig auszudrücken.

All diese Herausforderungen haben Logistik und Supply Chain Management bei der Bewältigung der allfälligen Krisen sozusagen in eine Pole Position gesetzt. Jeder, der ab und zu zum Einkaufen geht, kann das beim Anblick in der jüngeren Vergangenheit häufiger auftretender leerer Regalflächen bestätigen: Das Supply Chain Management bringt’s – oder eben (noch) nicht. Die Logistik ist jedoch nicht nur Markt-, sie ist ebenso Produktionsversorgung. Zu einer Produktionssicherung zählt bekanntermaßen die Instandhaltung. Das wissen wir alle. Längst. Was viele bislang nicht wissen: Die Instandhaltung wird immer mehr zum Treiber der vor uns liegenden Transformationsprozesse. Dieser Gedanke überrascht manchen.

Dabei drängt er sich auf: Jedwede Transformation findet in unseren Breitengraden überwiegend im Bestand statt.

Wir können hier in Westeuropa sehr häufig die neuesten technischen Errungenschaften zum Beispiel auch der Digitalen Revolution nicht auf der grünen Wiese ein- und aufbauen, sondern müssen sie in bestehende Anlagen einbauen. Dasselbe gilt für die Energiewende und deren Transformationsprozesse hin zu mehr erneuerbarer Energie. Auch die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit, die uns alle morgen noch mehr als heute beschäftigen muss, findet wo statt? Im Bestand. Und wer könnte diese Bestandstransformation technisch, strategisch und konzeptionell besser begleiten und bewerkstelligen als jene, die sich täglich um Erhalt und Funktionalität eben dieses Bestandes kümmern?

Natürlich müsste die Instandhaltung in die Lage versetzt werden, diese Aufgaben auch zu erfüllen. Dafür braucht es Unterstützung seitens der Politik, mehr Aus- und Weiterbildung und ein Bewusstsein vor allem im Management für die Potenziale, die hier vorhanden sind und gefördert werden wollen. Auch zur Erreichung der Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsziele sowie stärkerer Resilienz im Unternehmen kann die Instandhaltung einen wertvollen Beitrag leisten, beispielsweise mit dem Retrofit von Altanlagen anstelle von Neubeschaffungen, prädiktiven Analysen zur Vermeidung ungeplanter Stillstände, aktivem Ersatzteilmanagement inkl. Obsoleszenz-Strategien oder auch der Umgestaltung von Anlagen zur Beschleunigung von Produktwechseln.

Ergo: Die Instandhaltung ist die prädestinierte Transformationsmaschine. Insofern ist sie für uns hier am Wissenschaftsstandort Dortmund neben der Logistik schon immer ein elementarer Bestandteil der Produktionsversorgung und -sicherung.

Deshalb kümmern wir uns nicht nur um Logistik und Supply Chain Management, sondern gerade auch um die Instandhaltung, die heute natürlich Smart Maintenance heißt und brennende Fragen zu beantworten hat wie: Wie stellen wir in einer immer chaotischer werdenden Welt die Datenqualität sicher? Daten sind im Zeitalter von Big und Smart Data das zentrale Produktionsmittel. Was wir noch heute jedoch in vielen Unternehmen erleben, sind wenig strukturierte und heterogene Daten. Wer die Segnungen neuer Technologien wie der Künstlichen Intelligenz nutzen möchte, muss da ran. Smart Maintenance macht das bereits in führenden Unternehmen.

Die intelligente Instandhaltung schafft es in der Zusammenschau von Daten und deren Analyse sowie unter Einsatz neuer Technologien mit Hilfe von Condition Monitoring oder Predictive Maintenance, Produktionsausfälle zu vermeiden und damit die Produktion auch und gerade in stürmischen Zeiten zu aufrecht zu halten.

Diese tragende und zukunftssichernde Bedeutung der Instandhaltung bzw. Smart Maintenance liegt zwar auf der Hand, wird jedoch branchenübergreifend noch nicht in ihrer ganzen Tragweite (an)erkannt. Das Problem dabei ist nicht nur der Transformationsprozess, den die Instandhaltung selbst dabei vollziehen muss. Dass dieser notwendig und drängend ist, realisieren bereits immer mehr Instandhalter*innen in vielen Branchen und Unternehmen.

Wo die wachsende Bedeutung einer transformativen und deshalb zukunftssichernden Instandhaltung dagegen noch nicht wirklich verankert ist, sind Politik, Gesellschaft, Bildungswesen und leider auch oft das Management selbst. Selbst viele Manager haben noch nicht erkannt, welch formidabler Transformationsapparat ihnen in Gestalt der Instandhaltung eigentlich zur Verfügung steht. Wir alle sollten daran arbeiten, dass sich diese Erkenntnis in ihrer ganzen Tragweite für die Zukunftssicherheit unserer Unternehmen so schnell und so weit wie möglich verbreitet. Wer dabei mitmachen möchte, darf sich gerne unserer wissenschaftlichen Unterstützung versichern.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.