Was wir können

Was können unsere Mitarbeiter? Ein Thema, das ich in diesen Tagen intensiv in unterschiedlichsten Gesprächskreisen für unterschiedlichste Funktionsbereiche diskutiert habe. Ein Thema, das für die digitale Transformation entscheidend ist und immer entscheidender wird, wenn wir die aktuelle Entwicklung betrachten, wie sie sich zum Beispiel bei uns im Big Picture der sogenannten „Silicon Economy“ widerspiegelt.

Mit der Silicon Economy haben wir am Fraunhofer IML ein Zukunftsbild entwickelt, das eine umfassende Infrastruktur für den B2B-Bereich entwirft, die alle relevanten neuen Technologien miteinander verbindet. Forschungs- und Entwicklungsaufgabe ist dabei die Schaffung eines offenen Ökosystems als Anwendungsumgebung für KI-Services und neue Geschäftsmodelle in Logistik und Supply Chain Management – der Silicon Economy. Silicon steht hier als Synonym für die vollständige Virtualisierung von Wertschöpfungsnetzwerken und damit verbundenen Prozessen.

Das Bild der Zukunft für den B2B-Bereich der Wirtschaft steht damit. Die Frage ist bloß: Wie schnell können welche Mitarbeiter dieses Bild auch in ihren Funktions- bzw. Verantwortungsbereichen ausfüllen?

Wie mancher gestandene Praktiker in seinem Führungsalltag bereits festgestellt haben dürfte: Für eine entsprechende Antwort ist oft nicht weniger nötig als ein Paradigmenwechsel beim Mindset und das Erlernen neuer Fähigkeiten, die sich grundsätzlich von jenen der Vergangenheit unterscheiden – illustriert an zwei Beispielen aus der Praxis.

Beispiel Nr. 1: Smart Maintenance. Es wird seit Jahren über die intelligente Instandhaltung diskutiert, die eine Smart Factory erst möglich macht, welche ihrerseits im Zentrum der Industrie 4.0 steht. Wir können diese smarte Fabrik in den schillerndsten Farben zeichnen, in einem Produktionsumfeld der Automobilindustrie zum Beispiel, in dem es kein Band mehr gibt und keinen Takt und wo auf werkstatt-ähnlichen Fertigungsinseln Menschen einträchtig mit Robotern zusammenarbeiten. Die Instandhaltung hält das alles am Laufen – allerdings nicht, wie wir es aus der Vergangenheit kennen, ölverschmiert und mit dem Schraubenschlüssel in der Hand, sondern nach Maßgabe der Predictive und zukünftige Prescriptive Maintenance vorausschauend und vorbeugend. Maschinenausfälle sollen zukünftig nahezu komplett vermieden werden – zumindest in der Theorie.

Denn in der Praxis benötigen jene Instandhalter, die dieses schöne Bild der Zukunft ermöglichen sollen und wollen, eine ganz andere Ausbildung als bisher. Eine Ausbildung, in der sie nicht mehr (nur) lernen, den Schraubenschlüssel zu schwingen, sondern (vor allem) das VR/ AR-Device und das Tablet und wo sie nicht mehr Austauschteile sortieren, sondern Daten. Damit sie aus den Datenwolken jene weitergehenden Schlüsse ziehen können, mit denen sie den Ausfall einer Maschine vorhersehen und rechtzeitig entsprechende Maßnahmen einleiten und zukünftig gar vermeiden können, dass diese sich „selbst heilen“ kann und eben nicht mehr ausfällt. Das hört sich geradezu utopisch an, doch dafür benötigt es neben allen technologischen Weiterentwicklungen (z.B. der Materialien) auch managementseitig in der Instandhaltung und in Bezug auf die Instandhaltung einen ganz anderen Mindset, eine ganz andere Einschätzung ihrer Bedeutung. Bislang war und ist Instandhaltung aus der Eigen- und der Fremdwahrnehmung eben häufig nicht so hoch reputiert wie, sagen wir, Finanz- oder Marketingleute; nach dem intern oft gehörten Motto: „Die kommen ja nur, wenn was kaputt ist und kosten dann Geld.“ Der neue Mindset dagegen sagt: Wird die Instandhaltung smart, dann leistet sie einen ganz neu zu definierenden und substanziellen Beitrag für das Unternehmen auf dem Weg der digitalen Transformation. Das ist eine ganz andere, neue Sicht auf die Instandhaltung und ihrem Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.

Kommen wir zum zweiten Beispiel aus der Praxis, kommen wir zum Einkauf. Schon vor über 10 Jahren kam eine wegweisende Studie über den Einkauf zum Schluss: „People matter most!“ Auf den einschlägigen Workshops und Veranstaltungen  werden seit geraumer Zeit viele Themen entlang der digitalen Transformation rauf und runter diskutiert, es werden die Möglichkeiten neuer digitaler Technologien sondiert und über deren Auswirkungen  auf den Einkauf debattiert – bis hin zur „post-digital era“. Am Ende steht dann doch immer wieder die Erkenntnis: Wir müssen den Mindset ändern und die Skills unserer Mitarbeiter weiterentwickeln, sonst kann der Einkauf nicht den Schritt zum Einkauf x.0 machen. Dieser Schritt ist schicksalsträchtig.

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