Pharma goes Blockchain

Alle reden darüber, kaum jemand versteht sie so richtig: die Blockchain-Technologie. Über Bitcoins diskutieren zumindest immer mehr: eine sichere Internet-Währung dank der Blockchain-Technologie, die so gut wie fälschungssicher ist.

Wenn diese Technologie sich in den nächsten Monaten und Jahren in der Wirtschaft durchsetzt und es gelingt sie von der virtuellen Welt in die Realwirtschaft zu überführen, wird sie ähnliche Veränderungsprozesse wie bei der Verbreitung des Internet auslösen. Intermediäre aller Art wären gezwungen, ihre bisherigen Geschäftsmodelle zu überdenken, ganz neue Geschäftsmodelle könnten und werden entstehen. Wegen dieser immensen Bedrohungen und Chancen erreichen uns regelmäßig Anfragen zur Blockchain-Technologie und ihren Einsatzmöglichkeiten aus den verschiedensten Branchen. Der Tenor ist immer derselbe: „Große Möglichkeiten in der Theorie, aber noch relativ unklar in der praktischen Umsetzung“.

Während sich der Großteil der Unternehmen in fast allen Branchen der Wirtschaft noch dieser Unklarheit hingibt, haben erste Unternehmen bereits Pilot-Projekte dazu aufgesetzt. In der Pharma-Branche beispielsweise arbeiten Pfizer und Genentech an einem gemeinsamen Blockchain-Projekt, das nichts weniger als „die Verwaltung der pharmazeutischen Lieferkette revolutionieren soll“. Ähnliche Projekte gibt es auch in vielen anderen Branchen.

Aber können sich solche Projekte nur Riesen wie Pfizer leisten? Nein. Das ist eine Fehleinschätzung, die leider viele kleine und mittlere Unternehmen immer noch anstellen. Auch Pfizer kooperiert bei der Einführung der Blockchain-Technologie natürlich mit vielen Firmenpartnern: mit Technologie- und IT-Firmen, mit Supply Chain-Beratern, mit Logistikdienstleistern und selbst mit dem, was die Medien wohl „Konkurrenten“ nennen würden – im Blockchain-Projekt sind sie es nicht. Wenn kleine und mittlere Unternehmen ebenso kooperieren würden, dann wären auch sie in der Lage. derartige Pilot-Projekte anzustoßen.

Manche Skeptiker meinen: „Aber das packen wir nicht! Das ist doch viel zu teuer!“ Stimmt schon: der Einsatz der Blockchain-Technologie in Supply Chains braucht hohe Rechnerkapazitäten und verbraucht viel Energie, weil in einer Blockchain ja ständig Konsensmechanismen ablaufen und überprüft wird, ob die in der Kette weitergegebenen Diese ständige Überwachung braucht viel Rechenleistung, und viel Rechenleistung kostet auch viel. Dass aber deshalb eine Blockchain gleich immer viel kosten muss, ist ein Irrtum, und die Vorteile überwiegen hier deutlich.

Denn gerade die Pharma- und Chemieunternehmen wissen: diese Investition lohnt sich. Es gab doch in den letzten Jahren bereits Fälle von zum Beispiel Herzmedikamenten, die nicht oder zu schwach wirkten (oder giftig hätten sein können), weil die enthaltenen Wirkstoffe nicht den Anforderungen entsprachen, die betreffenden Papiere aber „frisiert“ wurden. Allein die Vorstellung, nicht wirklich zu wissen, was wir da schlucken, müsste doch schon reichen, um Patienten in Scharen auf die Straße zu treiben. Die cleveren Pharma-Unternehmen haben das längst realisiert: Jeder Medikamenten-Rückruf, jeder Umsatzeinbruch, jeder Image-Verlust durch aufgedeckte und möglicherweise skandalöse Pillen-Piraterie kostet auf Dauer deutlich mehr als die Technologie für den Blockchain-Einsatz. Ihr Nutzen ist deutlich größer als ihre Kosten. Aber: für alle Branchen, alle Unternehmen und alle Anwendungen?

Natürlich nicht. Doch im Moment befinden sich viele Unternehmen in einer zu passiven Rolle: Sie warten lieber erst mal ab, weil sie annehmen, dass ausgerechnet sie die Ausnahme von der Regel sind und nicht von den Errungenschaften der Industrie 4.0 im Allgemeinem und der Blockchain im Besonderen profitieren würden. Auf solche wackeligen Prognosen würde ich die strategische Planung eines Unternehmens nicht stellen wollen. Wir haben damit begonnen, für Unternehmen und Supply Chains abzuschätzen, ob und was eine Blockchain bringen könnte und ob ihr Nutzen größer ist als die dafür notwendigen Aufwendungen. Diese Abschätzung sollte jedes Unternehmen vornehmen (lassen), denn sie ist der erste Schritt in eine Zukunft, deren Chancen sich noch immer nicht jeder vorstellen kann.

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