Lohnt sich das?

Nachdem ich nun seit circa einem Jahr blogge, frage ich mich: Bewegen wir damit die Welt? Ich würde mich freuen, denn die Welt will bewegt werden. Oder schaffen das heutzutage nur noch die Influencer? Und würde, was für Fashion, Yoga und Reisen funktioniert, auch für Wirtschaft, Logistik und Supply Chain Management funktionieren? Manchmal kommt mir Bloggen so 2000er-mäßig vor … Also, lohnt das Ganze?

Pikanterweise ist das auch eine, wenn nicht die zentrale Frage, die wir heutzutage an die neuen Technologien und an die Industrie 4.0 stellen sollten, stellen müssen. Die neuen Technologien kosten mächtig viel Geld. Lohnt sich das? Generell und überhaupt?

Seit sieben Jahren predigen wir die Industrie 4.0 und schon kommen wieder ganz neue Schlagworte um die Ecke. Es hat aber noch niemand makroökonomisch nachgewiesen (ich lasse mich gern und mit Dank vom Gegenteil überzeugen), dass sich die Beschäftigung damit wirtschaftlich lohnt – ob überhaupt und wenn ja, wie sehr. Der technikbegeisterte Teil der Welt scheint viel zu sehr mit der Beantwortung der technologischen Frage beschäftigt zu sein: Was ist die neueste Entwicklung? Und wie kriegen wir sie zum Laufen?

Interessanter als diese Technologie-Fragen scheinen mir inzwischen die korrespondierenden Management-Fragen zu sein: Wie bekommen wir diese Technologien in unsere Prozesse und Organisationen hinein? Und wie erfassen wir ihren wirtschaftlichen Nutzen, falls vorhanden, in belastbaren Zahlen? Das sind die Fragen unserer Zeit.

Vor kurzem stellten wir diese Fragen auch in einer Focus Group mit Verantwortlichen aus nationalen und internationalen Unternehmen unterschiedlicher Größe: Was ist die konkrete Produktivitätssteigerung durch den Einsatz von Technologien der Industrie 4.0? Wir versuchten, die immer wieder postulierten und angekündigten Potenziale zu messen. Wie geht das, wenn es noch keine Messinstrumente dafür gibt?

Aus der Tugend der Not haben wir eine Mess-Logik erarbeitet, die überprüfbare Daten liefern kann. Wir entwickelten dafür einen IML-Business-Case-Kalkulator für die Technologien der Industrie 4.0 weiter, weil die klassischen Kennzahlen oft nicht mehr ausreichen, um den Nutzen neuer Technologien transparent und pragmatisch genug nachzuweisen.

Wir alle kennen jene Studien und Prognosen, die besagen: Bis zum Jahr 2025 steigt die Produktivität in der Wirtschaft durch den Einsatz von 4.0-Technologien um X Prozent. Das mag wohl sein. Doch das ist ein statistischer und dazu noch prognostischer Mittelwert aus empirisch mehr oder weniger gestützten Umfragen mit erwartbar hoher Streuung, der dem einzelnen Manager, der interessierten Managerin recht wenig darüber sagt, wie rentabel die neuen Technologien in ihren konkreten und spezifischen Unternehmen wirken und wirken werden – oder eben nicht. Was ein Unternehmen dafür braucht, sind unternehmensspezifische Daten. Deshalb haben wir den neuen Mess-Ansatz entwickelt und bereits in den Unternehmen der Focus Group unternehmensspezifisch validiert: Er funktioniert. Es liegen bereits erste Ergebnisse vor.

Und diese sind erfreulich positiv. Die Verantwortlichen in den Unternehmen sind, konservativ formuliert, sehr angetan davon. Weil sie damit endlich belastbarer nachweisen können, dass das, was sie an neuer Technologie eingeführt haben, nicht nur funktioniert, sondern sich auch fürs Unternehmen lohnt und wie sehr es sich, in Zahlen ausgedrückt, rentiert. Wenn ich Menschen aus der Praxis davon erzähle, reagieren zwei Drittel überrascht: „Was, das gibt es?“ Deshalb blogge ich.

Weil ich finde, solche nützlichen Informationen müssten noch viel mehr Menschen aus der Praxis erfahren als ich mündlich erreichen kann. In diesem Sinne freue ich mich, wenn Sie, lieber Leserin, geneigter Leser, mir auch weiterhin gewogen blieben und gelegentlich ein Wort in Form eines Kommentars fallenlassen würden. Zum Beispiel darüber, mit welchen Kennzahlen Sie den 4.0-Effekt messen. Welche neuen Kennzahlen Sie kennen, welche Sie benutzen, welche für Sie wenig ergiebig sind. Deshalb unterhalten wir uns.

Weil es ständig etwas Neues gibt, weil die grundlegenden Fragen von der Wissenschaft noch lange nicht beantwortet sind, weil es noch so vieles gibt, das die Praxis aufgreifen und anwenden kann, das nützlich ist: Ihnen, Ihrem Unternehmen und uns allen.

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