Es funktioniert doch!

Geht der Hype um die Blockchain zu Ende? Liest man die jüngsten Veröffentlichungen dazu, könnte man tatsächlich diesen Eindruck erhalten. Letztlich nimmt aber die Blockchain aktuell einfach den typischen Verlauf entlang eines jeden Hypecyles. Nach dem zunehmenden, gerade auch medialen Blockchain-Enthusiasmus erfolgt früher oder später die Ernüchterung darüber, dass Blockchain doch nicht zur Lösung sämtlicher Wirtschaftsprobleme taugt. Das haben wir auch nie behauptet. Daher ist auch beim Gang durch das „Tal der Tränen“, das genauso zu einem Hypecycle gehört, an dem, was die Blockchain zu leisten vermag, festzuhalten und gerade jetzt weitere, auch zukünftig skalierbare Use Cases, Pilotprojekte und Anwendungsbeispiele zur Blockchain zu erzeugen. Denn gerade sie sind zwingend notwendig um nachzuweisen, dass die Blockchain nicht nur virtuelle, sondern ganz reale Vorteile für die Unternehmenspraxis bringt.

Wir arbeiten derzeit zum Beispiel mit einem mittelständischen Unternehmen des technischen Großhandels zusammen, um auf Basis der Blockchain-Technologie dessen Lieferanten und deren unterschiedliche IT-Systeme besser anzubinden als es herkömmliche Technologie vermag. Die Effekte machen sich bereits bemerkbar: Der ganze Informationsaustausch entlang der Lieferkette läuft mit Blockchain kosteneffizienter und sicherer.

Doch nicht nur bestehende Prozesse werden mit der Blockchain optimiert. Ziel der Zusammenarbeit ist es auch, zusammen mit dem Liefernetzwerk komplett neue Geschäftsmodelle und Ansätze für die Supply Chain auf Basis der bahnbrechenden neuen Technologie zu entwickeln. Das Projekt wird, nebenbei bemerkt, unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Eben weil es der Praxis zeigen kann, wie sinnvoll und rentabel eine Investition in die Blockchain ist.

Das ist nur eines von mehreren Projekten, an denen wir arbeiten. Wir sind auch nicht die einzigen, die solche Projekte verfolgen. Derzeit sind viele derartige Projekte im Gange. Die wenigsten davon kommen aber bisher über Pilotierungen hinaus. Skalierbare Lösungen sind Mangelware.

Ihr volles Potenzial kommt nämlich erst dann zum Tragen, wenn die dezentrale Datenbank einer Blockchain auch mit dezentralen und selbststeuernden cyber-physischen Systemen in Fertigung und Logistik interagiert. Wo finden wir diese? Natürlich im Internet of Things (IoT). Und je mehr dieser teil-autonomen und autonomen Geräte, Anlagen, Maschinen und Transportmittel sich im IoT bewegen, desto mehr Micro-Transaktionen tauschen sie unter sich für ihre Logistik und ihr Supply Chain Management aus. Diese Transaktionen benötigen ein verlässliches Medium, innerhalb dessen sie sicher und effizient ablaufen können: die Blockchain. Daraus ergibt sich ein schöner Dreiklang.

Denn zu a) den fließenden Warenströmen, die b) ihre Informationsströme über die Blockchain austauschen, kommt c) dann noch der Finanzfluss, wenn die autonomen Systeme auch gleich noch autonom Rechnungen ausstellen und begleichen: Waren-, Informations- und Finanzströme im Dreiklang. Oder anders gesagt: Mikrotransaktionen werden durch Micro-Payments adressiert. Die Blockchain-Technologie gibt dem Internet der Dinge eine Business-Logik.

Ergänzen können wir das Ganze noch durch eine vierte Komponente: Smart Contracts, wodurch eine Rechtslogik hinzugefügt wird.

Smart Contracts sind vereinfacht gesagt, Programme mit Wenn-Dann-Bedingungen. Das einfachste Beispiel ist ein Getränke-Automat: Wenn oben der passende Betrag eingeworfen wird, kommt unten der dampfende Espresso raus.

In die Logistik übersetzt: Wenn, wie im Smart Contract festgelegt, eine Palette während des kompletten Transportwegs sensor-kontrolliert keiner Temperatur über 20° ausgesetzt war und wenn ihre Neigungswinkel, ebenfalls sensor-geprüft, nicht 12 Grad überschritt, dann wird bei Erreichen der Zielrampe die Bezahlung ausgelöst: Material, Information und Finanzen fließen im Gleichklang. Und ohne dass ein Mensch noch einen Finger krumm machen müsste.

In dieser Verbindung von technologischer, logistischer, finanzieller und Rechtslogik liegt der ganze Charme des vollen Potenzials der Blockchain. Erst wenn das Internet of Things mit der Blockchain und Smart Contracts verbunden und auf eine Domäne wie Logistik und Supply Chain Management angewendet wird, kann dieses aus heutiger Sicht in seiner ganzen Tragweite noch gar nicht abschätzbare Potenzial gehoben werden. Wir arbeiten daran. Aktuell sind wir in Dortmund mit der Gründung eines Blockchain-Instituts befasst, das Forschung und Praxisanwendung weiter vorantreiben soll.

Denn entscheidend für die weitere Entwicklung der Blockchain ist nicht die Technologie an sich – die ist schon da. Entscheidend sind vielmehr die Projekte, Demonstratoren, Test Beds und anschaulichen Praxisanwendungen, die durch die Verbindung von virtueller Welt und Realwirtschaft nicht nur auf den ersten Blick überzeugen, sondern auch mit der Option kommen, skaliert werden zu können. Das ist der nächste Schritt der Entwicklung: Schnell zu skalierfähigen Lösungen zu kommen, die über die gesamte Wertschöpfungskette ausgerollt werden können. Denn Praxis überzeugt mehr als alles andere.

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