Die Welt einfacher machen

Heute möchte ich Ihnen wieder einmal ein Projekt-Update zum Aufbau des Europäischen Blockchain-Instituts in NRW geben. Für alle, die das Projekt noch nicht kennen: Unser Ziel ist es, mit Blockchain Europe eine einzigartige Einrichtung zu schaffen, welche die Blockchain-Technologie erlebbar macht und die durch eine Open Source Community gemeinsames Innovieren ermöglicht. Ein zentraler Ort, an dem Wissenschaft und Wirtschaft in einem dynamischen Ökosystem vereint sind und an dem wir den Aufbruch in die Blockchain-Ära in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland und in Europa gestalten wollen. Und im Zuge dieses Aufbauprojekts läuft momentan auch ein aktuelles Entwicklungsprojekt zur Zollabfertigung – spätestens seit dem Brexit ein Thema mit sprunghaft gestiegener Relevanz.

Selbst ohne Brexit wäre Europa nicht frei von Herausforderungen bei der Zollabwicklung – es gibt zwar einen einheitlichen Unions-Zollkodex, aber noch viele nationale Zollsysteme und natürlich die Zollabwicklung im Außenhandel mit den unterschiedlichsten Vorgaben von Nicht-EU-Drittländern. 2019 wurden allein in Deutschland etwa 160 Millionen Ausfuhranmeldungen für Exporte in Länder außerhalb der EU Zollunion abgegeben. Allein diese Zahl verdeutlicht das riesige Effizienzsteigerungspotenzial, das durch eine Vereinfachung der Zollvorgänge gehoben werden könnte – sowohl für alle Akteure entlang der Supply Chain als auch für die beteiligten Zollbehörden. Vereinfachung? Eine gute Idee.

Wie komplex die Realisierung dieser scheinbar einfachen Idee aber tatsächlich ist, zeigt sich, wenn wir einzelne Zolldokumente herausgreifen. Auch mit bestehenden digitalen Lösungen zur Zollanmeldung, kommen in der Praxis diverse Papierdokumente zum Einsatz sobald Ware physisch bewegt wird. Nehmen wir zum Beispiel das Ausfuhrbegleitdokument (ABD). Dieses wird immer noch allzu oft in Papierform der Ausfuhr beigelegt. Dabei ist ein Verzicht auf den Papierausdruck in manchen Fällen bereits heute möglich. Zumindest theoretisch. Praktisch ist die digitale Alternative zum Papier jedoch etwas unklar in der Regelung, beispielsweise hinsichtlich der Frage, was zulässig ist und was nicht. Mit der Konsequenz, dass eben immer noch viel zu viele Papierdokumente die Ausfuhr begleiten.

Außerdem bewirkt das Vorherrschen der Papierform, dass die Akteure entlang der Supply Chain insbesondere beim Grenzübertritt keine gemeinsame Information über den Prozessfortschritt erreichen – es herrscht vielmehr eine Informationsasymmetrie zwischen Zollbehörden und Supply Chain Managern. Niemand in der Supply Chain weiß also so recht, was sich in jedem gegebenen Moment bei der Verzollung genau abspielt. Dabei sind die Supply Chain Partner jenseits der Grenze für die Einfuhranmeldung auf Informationen aus dem jeweiligen Drittland angewiesen. Dies gilt umgekehrt bei der Einfuhr in die EU natürlich ebenso. Solche Informationslücken sind genau die Probleme, die wir mit unserem Entwicklungsprojekt zu lösen versuchen. Aktuell fokussieren wir den Handel mit Drittländern und betrachten für den Anfang erst einmal die Exporte. Dabei setzen wir auf die Blockchain und auf Smart Contracts zur besseren Integration von Zollabwicklung und logistischen Prozessen.

Im Augenblick beschäftigt sich das Projekt mit der Speicherung und Übermittlung von ABD-Daten via Blockchain und deren Koppelung an die physischen Ausfuhrprozesse. Zukünftig wollen wir dann auch Logistikdienstleister, Einfuhr-Unternehmen und Zollbehörden mit einbinden. Auch die Erweiterung auf den Intra-Handel innerhalb der EU innerhalb der verbleibenden Projektlaufzeit ist denkbar. Neben der Integration weiterer Zolldokumente wollen wir auch einen Demonstrator bauen, der Interessierte über das Projekt informiert und ihnen zeigt, wie Daten künftig fälschungssicher und vertrauenswürdig, grenzübergreifend und mit den weiterführenden Open-SourceMöglichkeiten übermittelt werden können und sollten.

Das heißt: Wenn das Projekt über die Ziellinie geht, dann können alle interessieren Unternehmen dessen Ergebnisse übernehmen und an die eigenen Anwendungsspezifikationen anpassen. Und natürlich werden wir auch die aktuellen zollrelevanten Brexit-Regelungen noch genauer betrachten. Denn trotz des diesbezüglichen Abkommens steht ganz Europa beim freien, jedoch eben nicht immer zollfreien Handel mit dem ehemaligen EU‑Mitglied immer noch vor immensen Herausforderungen. Neuerdings ist zum Beispiel beim grenzüberschreitenden Handel ein Ursprungsnachweis nötig, sonst fallen zusätzliche Zölle an. Wer grenzüberschreitend handelt, spürt den Brexit deutlich.

So werden aufgrund des Brexits zum Beispiel zusätzlich rund 10 Millionen Zollanmeldungen pro Jahr allein in Deutschland anfallen. Wer soll diese Flut bewältigen, ohne dass wegen endlos verzögerter Abwicklungsdauern die Ware z.B. verdirbt? Laut einer aktuellen DIHK-Umfrage betrachten inzwischen die befragten Unternehmen die Zollbürokratie und logistische Probleme als die größten Geschäftsrisiken im Brexit-Umfeld. Deshalb beschäftigen wir uns in Blockchain Europe mit genau diesen Fragen. Wer mehr darüber wissen will, kann sich wie immer jederzeit gerne bei uns melden. Wir freuen uns über jeglichen Austausch zwischen Praxis und Wissenschaft zu diesem spannenden Thema und werden Ihnen bei nächster Gelegenheit wieder ein Update dazu geben.

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