Die Säulen des (digitalen) Erfolgs

Alle reden darüber. Alle digitalisieren. Wer hat Erfolg damit? Um diese Frage zu beantworten, haben wir vor vier Jahren das Dortmunder Management-Modell der Industrie 4.0 entwickelt. Seither kristallisiert sich in der Praxis immer klarer heraus, was unser Modell von Anfang an sichtbar machte: Der Erfolg der Digitalisierung und der Industrie 4.0 hängt maßgeblich vom Management ab – und nicht, wie landläufig oft angenommen, ausschließlich von Technologie und Budget. Denn die Technologie ist längst da.

Sie ist nicht nur da, sondern steht inzwischen in solcher Fülle parat, dass sie in der Praxis gar nicht mehr oder noch nicht vollständig genutzt wird. Wer darüber entscheidet, welche Technologien eingesetzt werden sollen – das ist das Management. Wenn es noch nicht sämtliche Möglichkeiten der neuen Technologien nutzt, muss es dafür sensibilisiert und mit dem nötigen Know-how ausgestattet werden. Denn im Management, nicht in der IT-Abteilung, fallen die wegweisenden Entscheidungen für die Digitalisierung.

Das Management braucht die nötigen Instrumente, um die digitalen Technologien in seinen Organisationen und Prozessen möglichst reibungsarm und erfolgreich zu implementieren und am Laufen zu halten.

Gerade in letzter Zeit haben wir uns wieder intensiv mit den vorhandenen, bekannten Management-Modellen beschäftigt. Es ist für die digitale Ära etwas erstaunlich, jedoch: Keines der etablierten Modelle hat bislang den Einfluss und die Auswirkungen der Digitalisierung auf Logistik und Supply Chain Management in den Fokus genommen – mit Ausnahme des Dortmunder Management-Modells. Damit eignet sich unser wissenschaftlich fundiertes Modell in hervorragender Weise, um die logistische Praxis und die Praxis des Supply Chain Managements in eine erfolgreiche digitale Zukunft zu führen.

Um es kurz in Erinnerung zu rufen: Die Basis des Modells bilden die drei Beschleunigungsfaktoren Migration, Transformation und Change. Bei der Migration geht es erstens darum, die neuen Technologien ins Unternehmen zu migrieren – was in dezidiertem Gegensatz zum verbreiteten Mythos steht, man müsse „lediglich“ die alten Anlagen rauswerfen und durch neue ersetzen. Diese märchenhafte Radikallösung würde nicht nur an finanziellen Gründen scheitern. Bei der Transformation geht es zweitens darum, das Management selbst in die Lage zu versetzen, eine leitende Funktion bei der Digitalisierung zu übernehmen. Und beim Change dreht sich, drittens, alles darum, die Belegschaft auf allen Hierarchiestufen und in allen betrieblichen Funktionen reibungsarm abzuholen und digital mitzunehmen. Diese drei Beschleunigungsfaktoren bilden die Basis des Dortmunder Modells. Daneben strukturiert das Modell erwartungsgemäß die verschiedenen Management-Aufgaben. Wir kennen das aus der klassischen BWL: Ziele, Planung, Entscheidung, Realisierung und Monitoring.

Als weiteres Strukturelement des Modells haben wir eine Ergänzung zum ebenfalls klassischen MTO-Ansatz mit seinen drei Säulen Mensch, Technologie und Organisation vorgenommen, denn gerade in digitalen Zeiten erscheint es extrem sinnvoll, hier noch eine vierte Säule hinzu zu fügen. Das ist – Sie haben es wahrscheinlich schon erraten – Information. Alles spricht von Big und von Smart Data, von der Cloud und von Algorithmen – und dann sollen Informationen keine tragende Säule der digitalen Wirtschaft sein? Undenkbar.

Um dieses eben skizzierte Dortmunder Management-Modell der Industrie 4.0 weiter mit Leben zu füllen und noch stärker in den Dienst der Praxis zu stellen, haben wir in den letzten Jahren verschiedene Forschungsprojekte mit Praxisunternehmen aus unterschiedlichen Branchen gestartet und erfolgreich durchgeführt. Wir haben unser Modell damit weiter operationalisiert und mit Leben erfüllt. Die Partner-Unternehmen ihrerseits haben dabei zum Beispiel eine Roadmap für den richtigen Weg zur Industrie 4.0 erhalten. Mit eianderen Unternehmen konzipiert das IML-Forscherteam gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Unternehmenslogistik der TU Dortmund eine digitale Service-Plattform im Bereich der additiven Fertigung. Außerdem entwickeln wir entlang des Dortmunder Modells wegweisende Ansätze zur ökonomischen Bewertung von 4.0-Lösungen. Diese Entwicklungen werden mit jedem Tag interessanter.

Denn wenn wir ehrlich sind, fragen wir uns doch alle seit geraumer Zeit: Wieviel an z. B. Produktivitätssteigerung erziele ich tatsächlich mit den neuen Technologien und mit 4.0-Lösungen? Und zwar: Wieviel mehr an Produktivität erzielen wir messbar? Messbar – und nicht wie bislang leider üblich und verbreitet geschätzt, auf Basis der Hoffnungen von Entscheidungsträgern, die eine Beraterstudie gelesen haben.

Auch wenn das Dortmunder Modell in erster Linie für die Logistik und das Supply Chain Management entwickelt  und genutzt wird: Es ist selbstverständlich erweiterbar auf und nutzbar für alle Unternehmen und Organisationseinheiten, die am Wertschöpfungsprozess mitarbeiten – eben weil Supply Chain Management naturgemäß das Management der Wertschöpfungsprozesse ist.

Ich bin fest davon überzeugt, dass das Modell sich selbst und gerade dann für alle Praxisunternehmen bewähren wird, wenn wir vielleicht schon bald nicht mehr von der „Industrie 4.0“ sprechen werden. Erstaunlich, nicht wahr? Wie schnell sich doch die Leitbegriffe ändern; bereits heute sprechen wir vermehrt und vorzugsweise von der Social Networked Industry. Ergo: Das Dortmunder Modell führt die Praxis auch durch die kommenden Entwicklungsschritte der Wirtschaft. Es wächst sozusagen mit der laufenden Entwicklung mit; es ist ein dynamisches Modell – so dynamisch wie unsere Zukunft.

1 Kommentare:


  1. Die Frage, wie man die Digitalisierung im Kontext von Industrie 4.0 managed, ist sehr interessant. Da immer mehr Automatisierung einzug nimmt, werden die Wertschöpfungsprozesse zunehmend autonom. Das stellt das strategische Management vor die Frage, wie diese autonomen Unternehmensteile eigentlich in Zukunft in das Unternehmen zu integrieren sind: Was ist eigentlich das Unternehmen, wenn die Wertschöpfung ein Automat ist?

    Aus Perspektive wissensorientierter Unternehmensführung liegt die humane Wertschöpfung in der Projektierung von Innovationen bezüglich der physikalischen Wertschöpfungskette – genau wie Herr Prof. Dr. Henke schreibt. So entstehen Innovations- und Projektmanagementunternehmen, die Automatisierte Unternehmen updaten. Hier kann aber staatliche Regulation auf Unternehmen zukommen, die eben diese Produktion verstaatlicht; Vgl. https://marius-a-schulz.de/2017/05/27/sozialkapitalismus-im-it-zeitalter-utilitismus/ . Humane Ressourcen in der Produktion und Logistik sind dann Dienstleistungsunternehmen.

    Diesen Aspekt in der strategischen Planung als Szenario zu Berücksichtigen ist m. E. von hoher Bedeutung.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Marius Alexander Schulz.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.